
04 Sep. 80 Besucher bei Vernissage
Drinnen und draußen vermischte sich wieder auf faszinierende Art beim 7. Werkforum „Plastische Perspektiven“ des Vereins Kunst:Projekt. Die Parksaal-Türen standen offen, der Innenraum war ebenso großzügige Präsentationsfläche der Plastiken und Skulpturen wie der sommerliche obere Kurpark. Nie entstand bei den 80 Vernissagen-Besuchern Gedrängel. Sie genossen das Privileg, die Arbeiten von allen Seiten auf sich wirken zu lassen und vor allem beim Rundgang und beim anschließenden Beisammensein mit den Künstlern und Künstlerinnen direkt ins Gespräch zu kommen.
Christian Maul (Klavier) spielte eingangs Werke von Bach, Debussy und Moritz Moszkowski und setzte die Auswahl in sympathischen Bezug zur Vernissage. Beim Ausklang vertieften Olaf Thurau (Gitarre) und Diana Perez (Gesang) mit Balladen und Ohrenschmeichlern die gelöste Stimmung dieses Sommerabends.
Der Kunst:Projekt-Vorsitzende Mathias Weidmann hieß die künstlerischen Gäste Thaddäus Salcher (Kastelruth), Gesine Gebauer (Köln), Nadine Elda Rosani (Heideck) und Günter Braun (Eppelheim) willkommen, die Metallbildhauerin Angelika Summa (Nürnberg) wird an der Finissage teilnehmen. Weidmann freute sich über die große Zahl interessierter Besucher und dankte allen Unterstützern, den regionalen Wirtschaftsunternehmen ebenso wie den Ehrenamtlichen bei der Bewirtung. Stadträtin Sharon Rieck überbrachte die Grüße des Bürgermeisters und der städtischen Gremien und wies auf die Bedeutung des Skulpturenparks auch bei der kommenden Landesgartenschau hin, was Weidmann geistesgegenwärtig für ein wenig Mitgliederwerbung nutzte.
Der Holzbildhauerin Nadine Elda Rosani gelingt es, den menschlichen Figuren, die sie reduziert darstellt, zugleich individuelle Charakteristik und Ausdrucksstärke zu geben. Weidmann kommentierte ihre Gruppe von drei Frauentorsi „Drei Zustände der Glückseligkeit“ – keineswegs engelhafte Euphorikerinnen, sondern mit dem Ausdruck von Gleichgültigkeit, Dominanzanspruch, vielleicht gar pedantischer Lust am Kritisieren. Hinterfragt Rosani ironisch ihre eigenen Titel? Beeindruckend auch die Figur „Tausend Spuren“ – Zeichen des Alters, ja des Verfalls prägen einen Frauenkörper, dessen Blickzugleich Ruhe, Versunkenheit, Gelassenheit ausstrahlt.
Der Rundgang zu den neu aufgestellten Arbeiten im Park, der Dialog Weidmanns mit den Künstlern ist bei jeder Werkschau schon Tradition. „Vision“ heißt die Eisenguss-Plastik Thaddäus Salchers in der Nähe des Parksaals, die überschlanke reduzierte Figur eines Menschen, die den Assoziationen des Betrachters Raum lässt: ein Träumender? Ein Einsiedler? „Solche Orte in Verbindung mit der umgebenden Natur lassen Ferne und Unendlichkeit anklingen“ beantwortete der Bildhauer Weidmanns Frage nach der Platzierung und ging auf den Arbeitsprozess ein: Erst entstehe eine Steinfigur, die in Sand ein Negativ bilde, in dem dann der Guss stattfindet. Salcher: „Das ist ein zeitaufwändiger Prozess, dabei komme ich selbst zur Ruhe. Mühselige, harte Materialien ziehen mich an.“
Nächste Station war Angelika Summas „Postnaturalia“. Viel Aufmerksamkeit hatten aber im Saal ihre filigranen, an Samenständen von Löwenzahn erinnernden Kugelplastiken gefunden, die die Verbindung von Harmonie und Zweckmäßigkeit, zugleich auch von Fragilität von Naturformen abbildeten.
Klare, monolithische Form, makellose polierte Oberfläche – so wäre Günther Brauns Skulptur „Aufbruch“ fast provozierend „perfekt“, wenn da nicht die plötzliche Unterbrechung wäre: Die obere Hälfte des Quaders biegt in einem spitzen Winkel nach rechts. Wo sich die beiden Hälften trennen, ist die Oberfläche rau und matt, zeigt aber zugleich ein anderes Gesicht des Steins. In der Parktiefe steht eine ähnliche Arbeit Brauns, bildet mit dieser hier ein Diptychon. Braun verriet ein wenig von seinem handwerklich anspruchsvollen Vorgehen, ohne die Substanz oder die Statik des Steins zu zerstören und fand eine treffende Formulierung: „Wir sehen Abweichendes als Bruch und Unordnung, weil wir an Ordnungsvorstellungen gebunden sind. Brüche sind Teil des menschlichen Lebens!“
Ein sichtlich schweres Stein-Ei, ein gelb lackierter hochragender Käfig auf einem Pfosten – an ein Bilderrätsel, einen Rebus fühlte sich Weidmann bei Gesine Grundmanns beiden Objekten erinnert. Ist solche scheinbar „absurde“ Zusammenstellung eine Hommage an den Surrealismus, wo auch bei Dali, bei Magritte Eier als symbolträchtige Gebilde aus dem Unbewussten auftauchen? Besser von „Vorbewusstem“ als von Unbewusstem wollte Grundmann sprechen: „Meine Arbeiten entwickeln sich intuitiv – warum soll ein Käfig immer belegt sein? Es überrascht mich, was entsteht – das Vorbewusste ist klüger!“
Veröffentlicht durch den Kreis Anzeiger
Autorin: Elfriede Maresch
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